Autor: Milad Safar, Managing Partner Weissenberg Group
Eine klare Aussage, wann eine Rezession tatsächlich stattfindet, kann seriös kaum getroffen werden. Aber allein der Gedanke an eine schwächelnde Konjunktur treibt dem einen oder anderen Geschäftsführer Schweißperlen auf die Stirn. Denn ein Konjunkturrückgang hat direkte Konsequenzen für die Unternehmen, vom kleinen und mittelständischen Betrieb bis zum Großkonzern. Der spürbare Nachfragerückgang zwingt viele Unternehmen, Geld zu sparen und die Produktivität zu drosseln mit dem Ergebnis, dass Überstunden abgebaut, Kurzarbeit eingeführt, Mitarbeiter entlassen und – wenn es ganz schlecht läuft – Insolvenz angemeldet werden muss.
Keine Angst mehr vor der Rezession
Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) speziell Robotic Process Automation (RPA) oder Cognitive Process Automation (CPA) haben das Potential, Unternehmen die Angst vor einer Rezession zu nehmen. Denn sie sind in der Lage, Kosten zu senken, Organisationen produktiver zu machen und den Geschäftsbetrieb auch in schlechten Zeiten aufrecht zu erhalten. RPA in Verbindung mit Process Mining sind beispielsweise Ansätze, um durch Effizienz, Exzellenz und digitale Transformation jegliche Konjunkturschwäche zu überstehen und wie auch immer geartete personelle Engpässe zu überbrücken. Prozesse in den Bereichen Rechnungswesen/Controlling, Steuern, Personal, Supply Chain Management, Vertrieb und Kundendienst bieten dabei ein besonders hohes Potenzial zur Automatisierung.
Je effizienter, desto krisensicherer
Ein professionelles Process Mining ermöglicht es, das Automatisierungspotential in jeder Unternehmensstruktur zu identifizieren und effektiv auszunutzen. Durch den Einsatz von RPA sparen Unternehmen materielle und personelle Ressourcen und steigern gleichzeitig die Effizienz der Unternehmensabläufe. Dies ist besonders im Angesicht einer nahenden Rezession von Bedeutung. Denn je effizienter ein Unternehmen agiert, desto sicherer ist die Marktposition in rezessiven Zeiten.
Immer mehr Unternehmen setzen daher Tools wie RPA und dessen KI-fähige Geschwister, Cognitive Process Automation (CPA) und Intelligent Process Automation (IPA) ein, um die Bearbeitungszeiten zu beschleunigen, die Datenbasis zu verbreitern, die Datenqualität zu verbessern und das operationelle Risiko zu reduzieren. Generell helfen diese Technologien, Kundenpräferenzen zu verstehen und Geschäftsprozesse zu optimieren. Prozess- und kostenoptimierte Organisationen brauchen keine Mitarbeiter zu entlassen, sondern umschiffen auch in schweren Zeiten jede Klippe. Und mit genügend zugrundeliegenden Daten – gewonnen durch KI-Tools – können sogar Krisen vorhergesagt werden, die durch die dann möglichen präventiven Maßnahmen ihren Schrecken verlieren.
Mit RPA und CPA negative Entwicklungen rechtzeitig erkennen
Intelligente Software-Roboter können aber noch mehr als nur Prozesse zu automatisieren und unter Kosten- und Ressourcen-Gesichtspunkten zu optimieren. Sie kennen den Bearbeitungsgrad eines jeden Prozesses und erkennen selbstständig die Nichteinhaltung von Key Performance Indikatoren, Service Level Agreements, Compliance Richtlinien und können bei negativen Abläufen und Anomalien in Prozessen gegensteuern, indem sie geeignete Maßnahmen einleiten oder den Verantwortlichen Handlungsoptionen aufzeigen. Dadurch sorgen sie auch für eine kontinuierliche Optimierung der gesamten Unternehmensstruktur.
Funktionsfähigkeit auch bei verringertem Personalstand gewährleistet
Natürlich kann es in rezessiven Zeiten vorkommen, dass Unternehmen ihren Personalstand verringern müssen, weil sie Arbeitnehmer wegen betrieblicher Erfordernisse – z. B. wegen Auftragsrückgang – in ihrem Betrieb nicht weiter beschäftigen können. Das muss aber nicht zwangsläufig zu Produktions- bzw. Leistungseinbußen oder sogar zum Ende des Betriebs führen. Eine Vielzahl von Aufgaben können auch von Software-Robotern übernommen werden, um die Funktionsfähigkeit des Betriebs auch bei verringertem Personalstand zu gewährleisten.
Bestellprozesse automatisieren
Beispielsweise lässt sich das Bearbeiten von Kundenbestellungen mithilfe von RPA automatisieren. In der Regel handelt es sich bei einem Bestellprozess um einen standardisierten Vorgang, der das Versenden einer Bestellbestätigung, einer Zahlungsaufforderung, das Drucken eines Lieferscheins, das Erstellen der Rechnung sowie deren Versand an den Kunden beinhaltet. Mittels RPA lassen sich die einzelnen Schritte einfach und schnell automatisieren. Zudem kann der Software-Roboter den aktuellen Lagerbestand anpassen, sodass automatisch Nachbestellungen initiiert werden. Weiterhin lassen sich die logistischen Abläufe durch intelligente Lagersysteme optimieren.
Lohnbuchhaltung im Griff
Im Bereich der Lohnbuchhaltung können Software-Roboter Änderungen an den Stammdaten, von Lohnsteuerklassen oder Freibeträgen übernehmen. Auch die Übertragung von Daten aus den Zeitmanagementsystemen kann mit Hilfe von RPA optimiert und automatisiert werden. Im Bereich der Reisekostenabrechnung kann der Bot die Reisekosten in das Buchungssystem übernehmen und sämtliche Daten auf Vollständigkeit, Konsistenz und Plausibilität überprüfen.
Grundfunktionen des Unternehmens nicht gefährdet
Bots können zur Analyse der eingehenden Kundenbeschwerden genutzt werden und das aktuelle Beschwerdeaufkommen auswerten. Intelligente Chatbots können sogar bis zu einem gewissen Grad die Kundenkommunikation im Support übernehmen. Alle standardisierten Prozesse, die mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden sind, können durch einen Bot erledigt werden. Sind Unternehmen also gezwungen, aus unterschiedlichen Gründen Mitarbeiter zu entlassen, ist der Geschäftsbetrieb sicherlich nicht mehr optimal organisiert. Eine Gefährdung der operativen Grundfunktionen ist durch den Einsatz von Bots allerdings nicht zwangsläufig damit verbunden.
Drohende Insolvenz abwenden
Da der Einsatz von Software-Robotern nachweislich zu Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen führt, drängt sich der Einsatz von Bots gerade für Situationen auf, in denen es darum geht, eine drohende Insolvenz abzuwenden. Viele Fehler, die im Bereich Rechnungsprüfung, Lieferantenbewertung, Forderungsmanagement, Zahlungseingangsverarbeitung, Liquiditätsplanung und Kennzahlenmanagement gemacht werden und die zu einer Insolvenz führen oder in Krisenzeiten eine Insolvenz beschleunigen, könnten durch den Einsatz eines Software-Roboters vermieden werden. Denn solche Vorgänge sind wie gemacht für eine Lösung mittels RPA, die diese Tätigkeiten automatisiert, schnell und fehlerfrei ausführt.
Verlust von Mitarbeitern nicht gänzlich kompensierbar
Um es noch einmal deutlich zu unterstreichen: Der Einsatz von Software-Robotern kann den Verlust von Mitarbeitern nur bis zu einem gewissen Grad kompensieren. Aber sie können verhindern, dass Unternehmen durch den Verlust von Arbeitskräften in eine mitunter tödliche Abwärtsspirale geraten. Gänzlich ersetzen können Automatisierungslösungen wie RPA den Menschen im Unternehmen allerdings nicht, vor allem nicht, wenn es um Tätigkeiten geht, die eine emotionale Intelligenz, eine nuancierte Urteilsfähigkeit und ein kulturelles Verständnis erfordern.
Bots können Unternehmen und Arbeitsplätze retten
Die vielfach zu beobachtende Bunkermentalität, im aufziehenden Sturm stur an dem einmal eingeschlagenen Kurs festzuhalten nach dem Motto „Wird schon gut gehen“, ist aber schon längst nicht mehr die Ultima Ratio. Zur präventiven Vorbereitung auf mögliche rezessive Entwicklungen haben vielversprechende Technologien den Weg hin zur proaktiven Geschäftsoptimierung geebnet. Durch die rechtzeitige Investition in intelligente Prozessautomatisierung können Mitarbeiter von einfachen (Routine-) Tätigkeiten entlastet werden, um dann an anderer Stelle bei nicht automatisierbaren Prozessen die Lücken, die beispielsweise im Zuge des demografischen Wandels entstehen, zu schließen. Kognitive Automatisierungslösungen können die wichtigsten Kennzahlen auswerten und verlässliche Prognosen über die Unternehmensentwicklung abgeben bzw. Alarm schlagen, um bei Fehlentwicklungen rechtzeitig gegensteuern zu können.
Prozessautomatisierungslösungen in Toto als Jobkiller zu verdammen, ist eine, wenn auch nicht ganz richtige Sichtweise. Automatisierungslösungen sind gerade durch ihre Fähigkeiten, bestimmte Aufgaben zu übernehmen und das auch noch kostengünstig, in der Lage, Unternehmen und damit eine Vielzahl von Arbeitsplätzen vor dem Aus zu bewahren.
Über Milad Safar
Milad Safar ist Managing Partner der Weissenberg Group, die er 2013 zusammen mit Marcel Graichen gegründet hat. Seit Beginn seiner Berater-Tätigkeit entwickelte er für namhafte Konzerne Lösungen zur Optimierung von Prozessen durch den Einsatz von IT-Systemen. Schwerpunktmäßig beschäftigt sich Milad Safar mit den Themen Digitalisierung, Robotic und Künstliche Intelligenz, zu denen er auch regelmäßig Vorträge hält.
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