Laufend neue Ideen

BioGrafie: Dr. Steffen Hüttner aus der BioRegion STERN

(Stuttgart/Tübingen) – Dr. Steffen Hüttner ist Langstreckenläufer und Unternehmensgründer aus Tübingen. Für den CEO der HB Technologies AG, der INTAVIS Bioanalytical Instruments AG, der INTAVIS Peptide Services GmbH & Co. KG sowie der SensoRun GmbH & Co. KG läuft es auch in Pandemie-Zeiten rund: Mit HB Technologies hat er unter anderem eine Social Distancing App für das Management von Warteschlangen in Praxen, Krankenhäusern oder Geschäften entwickelt. Außerdem konzipiert er im Kundenauftrag vollautomatisierte PCR-Testungen von Blutproben. Seine Lösungen zur effizienteren Herstellung von Peptiden sind sowohl für die Impfstoffentwicklung als auch für Antikörpertests von entscheidender Bedeutung.

Für Dr. Steffen Hüttner stellte sich die Frage des Gründen-Wollens nie ernsthaft: „Ich wollte von Anfang an immer Unternehmer sein.“ Dass der promovierte Biochemiker, CEO der HB Technologies AG und Pionier im Bereich der individuellen Softwareentwicklung für die Medizin- und Biotechnologie, seine ersten Geschäftserfahrungen ausgerechnet in der Eventbranche sammelte, war die ideale Vorbereitung. Gemeinsam mit dem angehenden Ingenieur Bernd Hölle, den der begeisterte Sportler beim Tischtennis kennen gelernt hatte, veranstaltete Hüttner Mitte der 1980er Jahre in der Universitätsstadt Tübingen Partys. Mit ihrem erfolgreichen Veranstaltungsformat lockten sie damals Tausende von Tanzbegeisterten in die Mensa Morgenstelle. „Für unsere Clubhaus-Partys haben wir zeitweise bis zu 150 Mitarbeiter beschäftigt, mussten uns um Buchhaltung, Genehmigungen, Sicherheit und Werbung kümmern“, so Hüttner. „Was wir mit dieser ersten Firma gelernt haben, war für uns nützlicher als jedes BWL-Studium.“ Derart aufs Leben als Unternehmer vorbereitet, gründete er noch während seiner Promotion eine Softwarefirma zur Praxisverwaltung medizinscher Heilberufe.

Steffen Hüttner erkannte bereits als Student, dass Life-Sciences, Informatik und Automatisierung kombiniert werden müssen: „Experimente haben wir im Labor damals aufwändig manuell durchgeführt; das dauerte mindestens einen Tag lang und musste dennoch zigmal wiederholt werden.“ Die Life-Sciences-Branche steckte noch in den Anfängen, in der Region war Automatisierung vor allem für die Automobilindustrie ein Thema. „Theoretisch konnte man sich damals vieles von dem, was heute Realität ist, bereits vorstellen“, erinnert sich Hüttner. „Oft war jedoch die Umsetzung wegen fehlender Rechenpower noch nicht möglich.“

Langstrecke statt Sprint
Das „Noch“ bedeutete für Hüttner, dass der ehemalige Marathonläufer seine Ziele immer vor Augen hatte. 1992 gründete er gemeinsam mit Bernd Hölle, mittlerweile Maschinenbauer und Automatisierungstechniker, die Hölle & Hüttner AG als Dienstleister für technische Software- und Hardwarelösungen. Die HB Technologies AG, wie das Unternehmen mittlerweile heißt, arbeitet heute an zahlreichen internationalen Projekten: Ob Laborgeräte- und prozesse oder App-gestützte Assistenzsysteme, stets geht es darum, mit Hilfe von Automatisierung, Informationstechnologie und Künstlicher Intelligenz in der Biotechnologie und Medizintechnik schneller und besser zum Ziel zu kommen.

Prozesse effektiver zu gestalten, war für Hüttner immer schon Triebfeder. Er und sein Team sind inzwischen weltweit gefragt, um vor allem bei Life-Sciences-Firmen kundenspezifische Anwendungen zu implementieren. Auch in der Corona-Krise war das Know-how des Unternehmens gefragt, das unter anderem die Softwaresteuerung von Automaten zur PCR-Testung von Blutproben im Kundenauftrag entwickelt. Und ganz nebenbei wurde von den Programmierern eine Social Distancing App für das Management von Warteschlangen in Praxen, Krankenhäusern oder Geschäften in den App-Store geladen und der Stadt Tübingen kostenlos für eine Nutzung zur Verfügung gestellt.

Schon 2008 machte Hüttner die INTAVIS Bioanalytical Instruments AG aus Köln zu einer hundertprozentigen Tochterfirma der HB Technologies. Er wurde dadurch Vorstand in einem Unternehmen, das weltweiter Marktführer für innovative Laborgeräte, beispielsweise für die Peptid-Synthese und In-situ-Hybridisierung, ist. Diese Verfahren zum Nachweis bestimmter DNA- oder RNA-Sequenzen bzw. von Proteinen in einzelnen Zellen, Geweben oder ganzen Organismen machen es möglich, Krankheitsgene im Mikroskop mit vergleichsweise geringem Aufwand zu bestimmen. Im Jahr 2019 hat er nun die INTAVIS Peptide Services GmbH & Co. KG in Tübingen gegründet, die auf die synthetische Herstellung von Peptiden spezialisiert ist, die vor allem für die personalisierte Medizin von großer Bedeutung sind: Patienten sollen einen exakt auf sie abgestimmten individuellen „Peptid-Cocktail“ erhalten, um beispielsweise bestimmte Krebsarten zu heilen. Auch für die Impfstoffentwicklung und für Antikörpertests sind Peptide von großer Bedeutung. Entsprechend wichtig ist die individuelle und gleichzeitig kostengünstige Herstellung unter Berücksichtigung sämtlicher regulatorischer Anforderungen. „Bisher kostet die Herstellung eines einzigen Peptids unter GMP-Bedingungen etwa 250.000 Euro, das muss kostengünstiger werden“, fordert Hüttner und arbeitet mit seinem Team und – unter anderem – in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Tübingen unter Hochdruck an neuen Lösungen. Kein Wunder, dass auch in Pandemie-Zeiten Kurzarbeit im Unternehmen kein Thema war. Für den Chef, ob vor Ort oder im Homeoffice, gilt sowieso eher „Langzeitarbeit“. Mittels einer App trifft er sich, neben zahllosen Videokonferenzen, sogar mit den Kollegen im digitalen Kaffeeraum. Für Hüttner ist das nicht genug: „Ich vermisse Gespräche und Anlässe wie den BioRegio STERN Sommerempfang, um sich auszutauschen.“ Sein Engagement für die BioRegion STERN und seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender des Vereins zur Förderung der Biotechnologie und Medizintechnik e.V. sind für den überzeugten Netzwerker enorm wichtig: „Durch den Verein und die BioRegio STERN Management GmbH ist hier ein wirkungsvolles Cluster entstanden, das auch international überzeugt, ein echter „place to be“. Schließlich wird über die Firmen aus unserer Region sogar in den USA bewundernd gesprochen.“

Was ist der Sinn?
Dem Vater dreier Kinder ist es wichtig, dass das, was er macht, einen Sinn ergibt, der über wirtschaftliche Ziele hinausgeht: Er zitiert dafür gerne aus der berühmten Stanford-Rede des Apple-Gründers Steve Jobs, der 2005 sinngemäß erklärte: „Die Arbeit wird einen großen Teil eures Lebens ausfüllen. Und der einzige Weg, wirklich zufrieden zu sein, ist das Bewusstsein, dass man großartige Arbeit macht. Und der einzige Weg, großartige Arbeit zu machen, ist, dass man liebt, was man tut.“

Wenn er nicht gerade Biografien erfolgreicher Unternehmer liest, dreht er gerne eine (große) Runde im Wald. Bewegung braucht Hüttner, um von seinen Aufgaben als CEO abzuschalten – nicht um nichts zu denken. Denn beim Laufen entwickelte er, natürlich, wieder neue Ideen. Zum Beispiels SensoRun, ein tragbares Sensorkit, das den Stil eines Läufers analysiert, der dadurch sein individuelles Training optimieren und Überbeanspruchung vermeiden kann. Als Geschäftsführer der SensoRun GmbH plant Hüttner gemeinsam mit der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen ein digitales Assistenzsystem, um einen Sensor zu entwickeln, der Bewegung und Druckwerte (beispielsweise in einer Stützorthese) analysiert und dadurch das Monitoring für Rehabilitationspatienten liefert. Sportlich ist auch eine Innovation, die im Rahmen des biohymed Netzwerkes zur Entwicklung biohybrider Produkte und Verfahren vorangetrieben wird: Gemeinsam mit der Abteilung für Sportmedizin der Universitätsklinik Tübingen und dem Lehrstuhl für Embedded Intelligence for Health Care and Wellbeing der Universität Augsburg entwickelt Hüttner mit seinem Team das mobile Messsystem „KIRun“ für den Laufsport. Damit kann das Wohlbefinden der Läufer automatisch aus biomechanischen, physiologischen und insbesondere auditiven Daten sowie Umgebungsparametern sensorisch ermittelt werden. „Das Ziel dieser Entwicklung ist, das Laufen für jeden Einzelnen gesünder und wohltuender zu gestalten.“ Hüttner weiß, wie wichtig das ist: Seine Knie sind nach jahrelangen intensiven Langstreckenläufen verschlissen. Aber der Life-Science-Unternehmer denkt bereits darüber nach, sich mittels regenerativer Medizin neue Knorpel züchten und einsetzen zu lassen: „100-Kilometer-Läufe werde ich wohl nicht mehr mitmachen, aber beschwerdefrei mobil bleiben müsste drin sein.“ Stehen zu bleiben, kommt für diesen Marathon-Unternehmer einfach nicht in Frage.

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