Das Controlling steht vor radikalem Paradigmenwechsel

Prof. Boehle: „Notwendige Unternehmensperformance verlangt einen digitalen Controlling Kompass“

Die Wettbewerbsfähigkeit insb. deutscher Unternehmen muss sich in der Globalisierung am internationalen Leistungsstand orientieren. Um auf dem Weltmarkt zu bestehen zu können, geraten gerade viele Unternehmen unter einen immer stärkeren Kostendruck. Ein Teufelskreis, wenn nicht wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden!

Dieser Effekt wird durch den aktuellen Umsatz- und Auslastungsrückgang massiv verstärkt. Demgegenüber erkennen viele Verantwortliche immer intensiver, dass sie die notwendigen Führungs- und Entscheidungsinformationen nicht vorliegen haben, um in dem digitalen und hochdynamischen Wettbewerb zu bestehen. Dies gefährdet nicht nur deutsche Produktionsstandorte. Höchste Zeit diese Informationsgrundlage zu professionalisieren und bisherige Kostenmanagementinstrumente in das nächst höhere Level zu transformieren.

Das neu gegründete Research Center für Performance Management, kurz CPM, mit aufgebaut unter der Führung von Prof. Dr. Marco Boehle, fokussiert eine anwendungsorientierte Forschung zum modernen, proaktiven Kostenmanagement. Der recht junge Experte kann bereits auf eine beeindruckende Berufspraxis zurückblicken (z.B.: Projektleiter DATEV eG, Lehrbeauftragter, Hochschulprofessor). Im Gespräch mit Oliver Gaebe, bellacoola.de, erklärt Prof. Dr. M. Boehle, wo die Herausforderungen zur erfolgreichen Führungsunterstützung der Industrie 4.0 liegen und welche neuen Chancen aus der Diskussion für das Kostenmanagement erwachsen.

Oliver Gaebe: „Herr Prof. Boehle, gerade nach unserem ersten interessanten Interview mit Ihnen bin ich nachhaltig um unseren deutschen Wirtschaftsstandort besorgt. Sie haben gravierende Schwächen und Unzulänglichkeiten in typischen Kostenmanagementsystemen von Unternehmen aufgezeigt. Sie haben uns verdeutlicht, dass Unternehmen zur Lieferantenentscheidung de-facto ein Kalkulationsvergleich zwischen verschiedenen Wettbewerber benötigen, da der massive Kostendruck sie zwingt, im internationalen Vergleich möglichst günstig einzukaufen. Nun habe ich in den letzten Tagen in einer neuen Deloitte-Studie zur Automobilindustrie entnommen, dass die Branche in mehreren Krisen gleichzeitig steckt und in den nächsten 15 Jahren einen tiefgreifenden Wandel bevorsteht, wenn sie noch profitabel sein möchte. Warum reagieren Entscheider in vielen Unternehmen in der Vergangenheit langsam oder zu spät und damit überhaupt nicht?“

Prof. Boehle: „Verschiedene Punkte kommen hier leider zusammen. Das gelebte Controllingverständnis und die kapazitätsintensive Bewirtschaftung der ERP-Systeme in kaufmännischen Abteilungen sind Argumente, die den wichtigen Aufgaben zur eigentlichen Führungsunterstützung den Raum nehmen. Dazu kommt der kulturell-psychologischer Aspekt: „Never change a winning team. Never touch a running system.“ Solange das Geschäftsmodell funktioniert und Soll-Renditen realisiert werden, liegt es in der Natur, scheinbar lästige Fragen nach dem Warum zu stellen. Floskeln wie, „das haben wir immer schon so gemacht“ sind Trumpf. Auch das aktuelle, uns vorliegendes Statement eines anerkannten Controlling-Fachmanns „wir sind stolz auf unsere 100-jährigen Lösungen“ verdeutlicht das Beharrungsvermögen etablierter Systematiken. So hat sich über Jahre ein falsches Verständnis über Kostenzusammenhänge und Kostentreiber verfestigt.

In den letzten Jahren haben sich zusätzlich entscheidende Kontextfaktoren des unternehmerischen Handelns massiv verändert. Digitalisierung, Globalisierung, ein verändertes Kundenverhalten, höchste Informations- und Logistikleistungsfähigkeit mit dem dadurch erzeugten großen internationalen Kostendruck und der Anstieg von Dynamik und Komplexität im operativen Geschäft benötigen ein adäquates Führungshandeln. Dazu ist die Rolle des Controllers als auch des Kostenmanagers als zukunftsgerechte Form der Führungsunterstützung entscheidend. Jedoch dürfen letztere diese neuen Herausforderungen nicht mit seinen klassischen Instrumenten antworten. Die Gefahr ist eben, von mitunter disruptiven Veränderungen im scheinbar bekannten Unternehmensumfeld überrascht zu werden, was oftmals zu sehr kurzatmigen reaktiven Maßnahmen führt. Vielmehr sollte die Fachdisziplin diesen Wandel aufnehmen, um sich mit den neuen Potentialen der Digitalisierung weiterzuentwickeln.

Hier liegt die eigentliche Chance für Unternehmen, statt der bisherigen reaktiven und häufig unangenehmen Kostenmanagement-Maßnahmen, eine kontinuierliche Steuerung und Analyse mittels modernen Expertentools zu installieren. Wird dieser Level an Professionalisierung nicht gegangen, wirkt dies im anhaltendenden volatilen Unternehmensumfeld existenzbedrohend. Die mit den veränderten Kontextfaktoren einhergehenden Chancen des unternehmerischen Handelns zu nutzen und gleichzeitig mit den dazu notwendigen Führungs- und Entscheidungssysteme im Bereich Kostenmanagement und Kalkulation Schritt zu halten, sind Grundvoraussetzungen für unternehmerisches Handeln.“

Oliver Gaebe: „Können Sie Ihre Ausführungen zu falschem Verständnis über Kostenzusammenhänge und Kostentreiber konkretisieren, was meinen Sie genau damit? In Veröffentlichungen wird immer wieder auf den Bruttolohn des Fertigungsmitarbeiters als einer der Hauptursachen für den Wettbewerbsverlust der deutschen Wirtschaft hingewiesen.“

Prof. Boehle: „Lassen Sie mich ein kleines Beispiel aus der aktuellen Konjunkturdelle bringen. In einer beispielhaften aktuellen Meldung vom 27. Oktober 2019 gab der Mutterkonzern Unilever bekannt, dass Knorr Deutschland vor dem Aus steht, da die Produktionskosten zu teuer sind. Anhand dieses Beispiels kann man sich sehr gut die Relevanz des Themas erschließen. Warum erkennt Unilever diese Unternehmenssituation erst jetzt, sodass reaktive, mitunter drastische und faktisch auch sehr teure Gegensteuerungsmaßnahmen nötig sind? Mit der Denkhaltung eines modernen proaktiven Kostenmanagements ließe sich anhand geeigneter Frühwarnindikatoren und Simulationen die in der Meldung beschriebene Entwicklung sehr frühzeitig erkennen, so dass weichere kontinuierlichere und damit unterm Strich auch günstigere Gegensteuerungsmaßnahmen ableitbar gewesen wären. Dies wiederum erfordert ein hoch entwickeltes Kostenmanagementinstrumentarium, sowie eine valide Datengrundlage. Häufig liegen diese Voraussetzungen in Industrieunternehmen nicht in dieser Form vor, sodass jenen Unternehmen schlicht nichts anderes übrigbleibt, als Spätindikatoren wie das negative Geschäftsergebnis zu analysieren, woran sich punktuelle reaktive und sehr teure Gegensteuerungsmaßnahmen anschließen.

Ich stelle mir hier aber noch eine zweite Frage: warum sind die Produktionskosten bei Knorr zu teuer? Was sind in diesem Fall die relevanten Kostentreiber? Aus meiner Perspektive kann man erst mit diesen Hintergrundinformationen diese Einschätzung von Unilevers seriös bewerten und darauf aufbauend nachhaltig effektive Gegensteuerungsmaßnahmen treffen. Aus meiner persönlichen Berufserfahrung (z.B. bei der DATEV) sind wir mit dieser Frage an einer entscheidenden Weichenstellung des in Unternehmen gelebten Kostenmanagements. Hinterfrage ich meine gelebte, evolutionär entwickelte Arbeitspraxis, welche Kostenparameter ich wie bspw. in die Produktionskosten einbeziehe oder nicht. Aus meinem Beratungsalltag erfahre ich immer wieder, wenn Unternehmen ein Benchmarking- und Leistungsvergleichs-Projekt starten, kommen sie irgendwann immer genau zu dieser Fragestellung. Der weitere Projektverlauf hängt zentral dann immer von genau dieser Antwort ab.

Und ich empfehle den Unternehmen an dieser Stelle dann keinen Äpfel mit Birnen-Vergleich oder das Benchmarking aufgrund der heterogenen Vorgehensweisen sein zu lassen. Ich empfehle, das eigene System genau zu hinterfragen und sich nach sinnvollem Abwägungen systematisch anzugleichen. Früher wurde dies noch in Moderationsrunden oder Expertenzirkeln „zu Fuß und mit sehr viel Zeitaufwand gemacht“. Heute hilft uns die Digitalisierung, jene Formate und Beratungsformen an expertenbasierte Software anzulehnen. Quasi als roter Faden. Generell sind die in der Pressemeldung genannten Produktionskosten in die zwei Hauptkostenfaktoren „Personalkosten“ und Maschinenkosten“ aufzuteilen. Starten wir bei unserer Kurzbetrachtung mit den Personalkosten.

Die Analyse der Personalfertigungskosten sollte nicht ausschließlich den Bruttolohn der Fertigungsmitarbeiter basieren, sondern vielmehr ist der Gesamtstundensatz heranzuziehen. Zur Verdeutlichung habe ich exemplarische Kalkulation vorbereitet, um stufenweise die Einflussfaktoren herauszuarbeiten, sodass andere Optimierungsansätze augenscheinlich werden, als die übliche Lohn- und Gehalts-Diskussion. Deren Zahlen und Parameter sind durchschnittliche Größen.

Einer anhängenden Grafik können Sie entnehmen, dass der Bruttolohn des Mitarbeiters ca. 27% des Gesamtstundensatzes ausmacht. Wäre es daher nicht sinnvoll, bei der Optimierung der restlichen 73% anzufangen? Häufige Diskussionen in den Medien um den Standort Deutschland kreisen jedoch um das hohe Gehaltsniveau. Wenn sich aber die Auslastung reduziert, z.B. 80% und wir diese in die Kalkulation adäquat einbeziehen, erhöhen wir den Gesamtstundensatz um 39% auf 76,28 EUR. Grund dafür ist, dass die absetzbaren Fertigungsstunden die gesamten installierten Kapazitäten „verdienen“ muss. Folglich erhöhen sich die anteiligen Gemeinkosten. Frage: wäre es daher nicht sinnvoll, bei der Analyse und Optimierung des Hauptkostentreibers „Auslastung“ anzufangen?

Ein Wettbewerbs- und Leistungsvergleich und der Aufbau einer langfristigen Zukunftsfähigkeit ist nur über die Vergleichsgröße „Gesamtstundensatz“ in Relation zur jeweiligen Outputmenge möglich. Mit der outputorientierten Steuerung kennt das Kostenmanagement und Controlling diesen Zusammenhang und setzt dies explizit in der Kennzahlendiskussion ein. Hingegen wird diese Beziehung nicht stringent in Basisinstrumente bzw. geschlossene Regelsysteme wie in Kostenrechnungs- und Kalkulationssystematiken überführt. Zur Steigerung der Aussagefähigkeit wäre es wünschenswert, wenn moderne Expertensysteme diesen Einflussfaktor einbeziehen. In unserem Kalkulationsbeispiel variieren wir nun diese Personalproduktivität von 100% auf 68%, die in der Fachliteratur ein üblicher Wert sind. In der Konsequenz steigt der Gesamtstundensatz auf über 100,- EUR. Der reine Bruttolohn macht nur noch ca. 15% des Gesamtstundensatzes aus. Wäre es in diesem Beispiel nicht sinnvoll, bei der Erfassung, Bewertung und Optimierung der Personalproduktivität anzufangen?“

Oliver Gaebe: „Im Zeitalter der Automatisierung, Maschinen- und Robotertechnik und künstlicher Intelligenz hat der Kosteneinflussfaktor Personalkosten nicht mehr die Dominanz. Das kann ich gut nachvollziehen. Wie sehen die Zusammenhänge bei der Kalkulation der Maschinenkosten aus?“

Prof. Boehle: „Meine persönlichen Beratungserfahrungen und der empirische Marktüberblick zeigen, dass die bisherigen Kostenmanagement- und Kalkulationslösungen in der Unternehmenspraxis eine weitere grobe Unschärfe im Umgang mit der Leistungsmenge besitzen. Viele Unternehmen haben sich bisher oft gewundert, dass z.B. ein Gewinnaufschlag von 6,0% einkalkuliert wurde, aber man nach Ende des Geschäftsjahres feststellen musste, dass die erzielte Umsatzrendite deutlich darunterlag. Heute kennt man die Grundursache. Es gibt einen Unterschied zwischen der installierten Fertigungsleistung und der Absatzleistung, die selbstverständlich nur als Bezugsgröße herangezogen werden darf. Sie können das vergleichen mit dem Leistungs-Peak in unseren Autos. Dort benötige ich auch nicht in jeder Kurve die volle Motorleistung.

Die Absatzleistung, schon auf Niveau 100% Auslastung, ist stets geringer als die installierte Fertigungsleistung eines Unternehmens. Die sich daraus ergebende Differenz erzeugt Kosten. Ich nenne diese Kostengröße „Verlustleistung der Fertigung“. Diese Verlustleistung muss natürlich anteilig den Kostenträger zugerechnet werden. Dieser Kosteneffekt ist nicht mit den in der bisherigen Literatur beschriebenen Leerkosten identisch, sondern erfasst lediglich die Verlustkosten über den gesamten Fertigungsbereich. Ursächlich ist die tägliche Anpassungsproblematik zwischen der dynamisch abgerufenen Tages-Fertigungsleistung zu der installierten Fertigungsleistung je Arbeitsplatz. In Summe stellt der Verlust-Leistungsfaktor einen Gemeinkostenfaktor dar. Ich habe dazu ein weiteres Kalkulationsbeispiel ausgehend von 100% Auslastung mitgebracht, das nun in der gegenübergestellten Rechnung eine 20% Auslastungsreduktion aufweist. Die Auslastung ist der Hauptkostentreiber, wenn sich dieser negativ verändert. Schon bei einer Auslastungsreduzierung auf nun 80% erreicht der Verlust-Leistungsfaktor eine Kosteneffektivität, die in der gleichen Höhe liegt, wie die Kostenauswirkung der gesamten Vertriebs- und Verwaltungskosten eines Produktionsunternehmens. Diese überschaubare Auslastungsreduzierung, die aktuell viele Unternehmen in der aktuellen Konjunkturentwicklung spüren, wirkt sich deutlich auf die anderen Gemeinkosten aus. Die Umsatzrendite reduziert sich von +6,0% auf nun einen Verlustbeitrag von -3,59%.

Eine alternierende Auslastungsreduzierung von nur 13% würde alle Gewinne des Beispielunternehmens auf 0 EUR reduzieren! Diese Hebelwirkung von Auslastungsreduzierungen wird von den meisten Unternehmen stark unterschätzt, weil auch die bisherigen Kostenmanagement- und Kalkulationslösungen diese Kostenauswirkungen nicht erfassen und daher berücksichtigen können. Einen besonderen Fokus jener qualitativ hochwertigen Kostenkalkulation sollte der Wirtschaftsstandort Deutschlands haben, der im letzten Jahrhundert zu einem Technologieführer in vielen Branchen gewachsen ist. Eindrucksvolle Beispiele der Industriezweige Fotografie, Unterhaltungselektronik, Bahn- oder Computertechnologie verdeutlichen, dass gegenüber Billiglohnländer für den Industriestandort Deutschland viel auf dem Spiel steht. Wir möchten, dass sich die Automobilbranche nicht in dieser Aufzählung einreiht. Um dessen technologisch-strukturellen Wandel zu bewältigen, braucht es auskömmliche Margen, womit entsprechende Investitionsbudgets gefüttert werden können.

Gerade die Zulieferer in der Automobilindustrie haben durch die bekannt gewordenen pauschalen und damit unfairen Vorgabewerte der Hersteller (OEMs) oft keine Kalkulationsreserven mehr. Die konjunkturell wie die strukturell bedingten Verluste durch Auslastungsreduzierungen forcieren nun die Insolvenzgefahr der Zulieferer massiv. Hinzu kommt der Innovationsdruck, da diese Zulieferer gut beraten sind, mit Weitsicht auf Zuliefererteile zu setzen, die in der E-Mobilität benötigt werden.

Perspektivisch kann ein modernes softwarebasiertes Expertensystem zu einem einheitlichen Kalkulationsverständnis für Zulieferer und Hersteller und damit zur Abkehr pauschaler Kostenkürzungen der Hersteller führen, welches für beide Seiten Kosteneinflusstreiber, Kostenzusammenhänge und damit relevante Führungsunterstützungsinformationen ableitet. Die von Ihnen angesprochene Deloitte-Studie hat den nachhaltigen Umsatz- wie Profitrückgang offenbart, veränderte Kundenbedürfnisse, neue Marktplayer sowie die Wirkung des demographischen Faktors auf absetzbare Mengen zusammengestellt. Es wird resümiert, dass die Hersteller einen tiefgreifenden Wandel bestreiten müssen, um 2035 noch existent oder gar profitabel zu sein. Eine moderne Kalkulationslogik, welche die zuvor genannten Kosteneinflussfaktoren adressiert, die vorgelagerte Wertschöpfungskette einbezieht und internationale Wettbewerbsanalysen enthält, sollte elementarer Bestandteil dieses Branchenwandels sein.“

Oliver Gaebe: „Sind Unternehmen fit für die Zukunft, wenn Sie die Handlungsempfehlungen zur Kalkulationssystematik adaptieren, die wir uns im heutigen Interview erschlossen haben. Oder sehen Sie noch weitere Innovations-Optionen, die Unternehmen erst zu einem modernen Level im Kostenmanagement befähigen?“

Prof. Boehle: „Unternehmen brauchen das Kostenmanagement- und Kalkulationssysteme, die ergänzend als Frühwarnsystem und reaktionsoptimiertes Krisentool funktionieren. Wichtig ist, vorhandene Änderungen und notwendige Aktivitäten so früh wie möglich zu erkennen. Die Erkenntnis, ob mein vergangenes Jahr eine gute Performance hatte oder einzelne Kostenpositionen zu hoch waren, ist für eine zukunftsbezogene Führungsunterstützung unzureichend. Erfolgscontrolling und Risikocontrolling sollten daher eigentlich in allen Unternehmen etabliert sowie deren Erkenntnisse in Ergebniskalkulationen permanent weiterverarbeitet werden. Das andere ist, dass sich Unternehmen an dem globalen Umfeld orientieren müssen, sofern sie sich in einem globalen Marktumfeld bewegen. Diese Wettbewerbsfähigkeit bestimmt sich aus dieser Grundgesamtheit. Wer heute den internationalen Leistungsabstand zu seinem vorhandenen oder möglichen Wettbewerber nicht kennt, agiert unternehmerisch fahrlässig.“

Oliver Gaebe: „Das nötigt mich zu einer vielleicht sehr wichtigen Zwischenfrage. Die Gesetze für das private Haftungsrisiko von Managern in Unternehmen wurden signifikant verschärft:

„Entscheider in Unternehmen haben geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.“ Ohne den „internationalen Leistungsabstand“ zu kennen, ohne Auslastungsreduzierungen auf die Unternehmenskosten bewerten zu können und mit Kalkulationssystematiken zu arbeiten, deren Kalkulationsgüte mangelhaft sind, müsste doch die private Haftung sofort greifen, Herr Prof. Boehle?“

Prof. Boehle: „Ja, Sie haben die Dimension erkannt. Den meisten Managern ist die Dimension ihres Haftungsrisikos mit den bisherigen unzureichenden Controlling- und Kalkulationssystematiken nicht klar. Die Gefahr im Job zur Kasse gebeten zu werden und Haus und Hof zu verlieren ist daher sehr hoch, wenn die Entscheider nicht auf die heute notwendigen Controlling- und Kalkulationslösungen wechseln. Wenn ihr Expertentool diesen internationalen Leistungsabstand bewerten kann, können Sie analog auch erstmalig sichere einzelne Wettbewerbs- und Leistungsanalysen oder Make-or-Buy Entscheidungen treffen und vor allem deren Wirtschaftlichkeit kalkulieren. Doch wie lässt sich die genaue Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, Standorts oder eines Produkts greifbar und damit messbar machen? Dazu muss erst einmal die eigene Leistungsfähigkeit bewertbar gemacht und mit der Leistung eines vorhandenen oder möglichen Wettbewerbers verglichen werden. Daraus können sichere Zielparameter für notwendige Optimierungsmaßnahmen abgeleitet werden. Je früher diese Zielparameter vorliegen und umgesetzt wurden, umso sicherer ist ein Unternehmen aufgestellt und umso geringer wären die sonst sehr teuren Anpassungsmaßnahmen. Fast jeder Kostenmanager, Controller und Entscheider kennt das große Potential dieser Analysen. Dennoch fehlen diese Führungsunterstützungsinformationen in fast jeder Firma. Faktisch kommen Unternehmen um eine IT-Systemveränderung im Kostenmanagement nicht herum!

Um noch ein plastisches Beispiel zu bringen, können Kostenauswirkung – induziert durch Auslastungsveränderungen aufgrund Umstellungen zur e-Mobilität oder durch das Redesign von Zuliefererstufen und Wertschöpfungsketten – auf die Produkte erfasst und zielgerichtet gesteuert werden.Praktisch alle Unternehmen, Beratungshäuser und ERP-Systemanbieter sollten diesbezüglich ihr etabliertes Kalkulations- und Reporting-Vorgehen hinterfragen.“

Resümee von Prof. Boehle: „Faktisch kommen Unternehmen um eine IT-Systemveränderung im Kostenmanagement nicht herum!“

Oliver Gaebe: „Vielen Dank für die genannten guten Beispiele. Die Wettbewerbsfähigkeit insb. deutscher Unternehmen muss sich, einfach nachvollziehbar, in der Globalisierung direkt am internationalen Leistungsstand orientieren. Faktisch kommen Unternehmen daher um eine IT-Systemveränderung im Kostenmanagement nicht herum, um durch kontinuierliche Wettbewerbsanalysen und internationale Leistungsvergleiche über die notwendigen Führungs- und Anpassungsinformationen zu verfügen. Mit den bisherigen in den Unternehmen installierten Lösungen waren diese Analysen und Vergleiche nicht möglich. Auch die extremen Kosten des Kostentreibers „Auslastungsreduzierung“ sind mit den alten Lösungen nicht erfassbar. Entscheider in den Unternehmen müssen die neuen Lösungen für den globalen Industriestandard 4.0 integrieren, sonst gefährden sie, bis zur Insolvenz, ihr anvertrautes Unternehmen und sind daher immer auch in der privaten Haftung. Ich befürchte: für viele Unternehmen wird die Zeit knapp… Der Paradigmenwechsel des Controllings muss unverzüglich stattfinden!“

Prof Boehle nickt.

Oliver Gaebe: „Herr Prof. Boehle, vielen Dank für das interessante Gespräch.“

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