Leerverkäufe – Nichts für Kleinanleger

Eine kleine, gut erhaltene Villa am Waldesrand gelegen mit gepflegtem Gartengrundstück davor – doch wir brauchen Geld, also müssen wir unsere Villa eben verkaufen, stellen die Offerte online und schauen, was passiert. Dafür bekommen wir dann früher oder später zwei stabile Armringe verpasst und finden uns in einer Zelle wieder. Dumm gelaufen, die Villa gehörte uns nämlich gar nicht.

Aber was im wirklichen Leben meistens schiefläuft, kann an der Börse durchaus funktionieren und sogar ordentlich Geld abwerfen, wenn es richtig angepackt wird. Die Rede ist von Leerverkäufen.

Was sind Leerverkäufe?

Ein Leerverkauf, auch Blankoverkauf oder englisch short sale genannt, ist im Bank- und Finanzwesen ein Verkauf von Basiswerten (Devisen, Wertpapiere oder Commodities), die sich zum Zeitpunkt der Verkaufsvereinbarung nicht im Eigentum des Verkäufers befinden. Es handelt sich also um einen Verkauf, bei dem der Verkäufer bei der Verkaufsvereinbarung die Basiswerte nur geliehen hat, um sie bei der Abwicklung dann zu liefern. Das bedeutet, er muss sich die Basiswerte bis zum Verkaufstermin beschaffen oder sich auch damit eindecken, um sie liefern zu können. Wir sprechen in diesem Fall dann auch von einem Deckungskauf.
Unterschieden wird hierbei zwischen Kassageschäft und Termingeschäft.

Kassageschäft

Ein Leerverkauf in Form eines Kassageschäfts unterscheidet sich in Abschluss und Abwicklung nicht von einem normalen Verkauf. Hier wird davon ausgegangen, dass der Verkäufer im Besitz der Ware ist. Das bedeutet, dass der Leerverkäufer den verkauften Wert innerhalb der marktüblichen Fristen liefern muss. Bei Wertpapieren hat er in der Regel Zeit, sich beispielsweise die Aktien, die er leer verkauft hat, binnen drei Tagen zu beschaffen. Das geschieht in der Regel mit einer Leihe der Wertpapiere; damit wird er juristischer Eigentümer der geliehenen Papiere. Wirtschaftlich ausschlaggebend dabei ist, ob durch den Verkauf eine Shortposition entsteht, das heißt, ob der Verkäufer durch die Transaktion wirtschaftlich von einem Preisrückgang der verkauften Aktien profitiert.

Fakt ist aber auch, dass der Leerverkäufer den verkauften Wert zu einem zukünftigen Zeitpunkt zurückkaufen muss. Ist die Spekulation aufgegangen und der Preis des Wertpapiers bis dahin gefallen, muss der Verkäufer einen geringeren Preis als den zahlen, den er bei dem Verkauf erzielt hat, und erzielt somit einen Gewinn abzüglich der Leihgebühren. Hat er den Markt jedoch falsch eingeschätzt, und der Preis ist gestiegen, macht der Verkäufer einen Verlust, da er sich zu einem jetzt höheren Preis eindecken muss.

Termingeschäft

Anders läuft es bei Leerverkäufen über unbedingte Termingeschäfte (Forwards und Futures). Bei Termingeschäften muss im Gegensatz zum Kassageschäft erst in der Zukunft geliefert werden, also nicht wie üblicherweise innerhalb von drei Tagen. Der Leerverkäufer kann den Leerverkauf vor dem Verfallstermin glattstellen, indem er den gegenläufigen Terminkauf tätigt, oder er kann den Basiswert vor dem Fälligkeitstermin kaufen und bei Verfall liefern. Gewinn- und Verlustmöglichkeiten entsprechen denen des Kassageschäftes.

Wer verleiht Aktien und wer verdient daran?

In erster Linie sind es die großen Aktienfonds und Banken, aber auch Versicherungen, die mit den in ihren Depots befindlichen Aktien über die Leihgebühr zusätzliche Einnahmen generieren. Damit ist auch klar, dass es sich hier um ein Geschäft dreht, das den Profis vorbehalten ist, also nichts für Kleinanleger. Große milliardenschwere Hedgefonds sichern damit ihre Positionen ab.

Welchen Nutzen haben Leerverkäufe und wer kontrolliert sie?

Trotz aller Vorwürfe – die Leerverkäufe haben die weltweite Finanzkrise mit ausgelöst – gibt es dennoch eine Berechtigung für diese Geschäfte. So dienen Leerverkäufe zum Beispiel als Spekulation auf zukünftige Preisänderungen, im Falle des Leerverkaufs ein Preisrückgang, als Absicherungsgeschäft (Hedgegeschäft), wenn ein Terminkauf eines bestimmten Gutes über den Leerverkauf desselben Gutes abgesichert wird, oder zur Ausnutzung von Preisinkonsistenzen zwischen dem Kassamarkt und dem Terminmarkt (Arbitrage), etwa in Form der umgekehrten Cash-and-Carry-Arbitrage.

Die in Folge der Finanzkrise verschärften internationalen Regularien für Leerverkäufe lassen ein Verbot von solch hochspekulativen Geschäften oder zumindest Einschränkungen zu. In Deutschland kann die BaFin gemäß § 6 Abs. 1 WpHG Leerverkäufe für inländische Aktien untersagen, wenn eine erhebliche Marktstörung droht, wie es zum Beispiel bei einer erneuten Finanzkrise der Fall wäre. Vergleichbare Eingriffsmöglichkeiten gibt es auch in anderen Ländern.
Leerverkäufe müssen in Deutschland offengelegt werden und sind dem Bundesanzeiger zu entnehmen. In anderen Ländern gibt es adäquate Offenlegungspflichten, um den Ausbruch einer Finanzkrise zu verhindern bzw. rechtzeitig gegenzusteuern.

Fazit

Auch wenn es uns als Kleinanleger nicht betrifft, sind die Schwankungen durch Leerverkäufe doch interessant für unser Fondsmanagement. Zum Beispiel wurde unser Wert K + S bereits mehrfach laut Bundesanzeiger leer verkauft. Aber keine Sorge, unsere Aktien sind alle noch im Depot! Es ist, wie gesagt, nur ein Spiel für die ganz Großen.

Bildquelle: https://pixabay.com/photos/house-villa-villa-finale-1620736/

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