Dr. Simone Burel ist Geschäftsführerin der auf Gender-Themen spezialisierten Unternehmensberatung LUB GmbH, die auch unter der Marke „Dr. fem. Fatal“ zu diesem Bereich berät. Zu Ihren Kunden zählen zahlreiche DAX-30-Konzerne, die sie bei Strategieentwicklung im Kommunikations-, Personal- und CSR-Bereich berät. Sie ist Expertin für Sprache in der Kommunikation deutscher Unternehmen, auch in Bezug auf das Thema Gender. Die Autorin zahlreicher Publikationen verrät im Interview, worauf Unternehmen bei Stellenausschreibungen achten müssen, wenn es um die Gleichstellung von Mann und Frau geht.
Frau Dr. Burel, Ihrer Unternehmensberatung ist spezialisiert auf Gender-Fragen, sogar mit einer eigenen Marke „Dr. fem. Fatale“. Sie haben auch zu Themen wie Gender Empowerment und Diversity geforscht. Wie sieht es aus mit der Gleichstellung von Männern und Frauen in deutschen Unternehmen aus?
Burel: Obwohl die Gleichheit der Geschlechter von vielen Seiten gefordert wird, sieht zumindest die Realität in deutschen Betrieben anders aus: Frauen sind in vielen Berufen unterrepräsentiert. So lag 2017 der Anteil von Frauen in deutschen Vorständen nur bei sieben Prozent. Ein anderes Beispiel: In den Ingenieursberufen sind nur 13 Prozent weiblich.
Woran liegt das?
Burel: Neben individuellen Faktoren, wie Glaube, Einstellung und Stereotype eines jeden Einzelnen, gibt es auch so genannte „institutionelle Faktoren“, die bestehende Ungleichheiten wiederholen und verfestigen. Kanadische Wissenschaftler haben festgestellt, dass solche institutionellen Ungleichheiten auch in Stellen-Ausschreibungen bestehen.
Welche Unterschiede werden aus Gender-Perspektive in Stellenanzeigen gemacht?
Burel: Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass männliche Worte wie „dominant“ oder „kompetitiv“ häufiger in Stellenausschreibungen von männer-dominierte Berufen auftauchen. Und dass die bloße Präsenz dieser Worte Frauen immer wieder davon abhält, sich für diese Berufe zu bewerben. Wir haben die Ergebnisse zum Anlass genommen, dies auch in deutschen Stellenanzeigen zu untersuchen und haben 32.000 Job-Angebote durchforstet. Mit ähnlichem Ergebnis.
Ein Interessantes Phänomen – was steckt dahinter?
Burel: Feine Unterschiede in der Verwendung von geschlechtsspezifischen Formulierungen beeinflussen die Wahrnehmung von Berufen. Frauen und Männer bewerben sich in der Folge bevorzugt auf Stellen, die ihrem Geschlecht am ehesten entsprechen, weil sie dadurch Gruppenzugehörigkeit und Passung empfinden.
Maskulin formulierte Ausschreibungen signalisieren, dass in diesem Beruf viele Männer arbeiten und sie sprechen daher auch eher Männer an. Frauen wiederum nehmen wahr, dass sie dort nicht hingehören und bewerben sich in der Folge auch nicht für die Stelle. Gender Wording als ein Hinweis für Zugehörigkeit.
Ihre Unternehmensberatung beschäftig sich mit Gender-Fragen: Welche Empfehlung geben Sie Unternehmen, die in Stellenanzeigen gezielt Frauen ansprechen wollen?
Burel: Der erst Schritt ist immer, sich dieses Problems bewusst zu sein. Wenn Unternehmen diese unproduktiven Denk- und Sprachmuster überwinden wollen, können Workshops oder Coachings helfen, wie wir sie auch anbieten. Außerdem können Hilfsmittel zum Einsatz kommen: Es gibt beispielsweise Wörterbücher, die mit Maskulinität und Feminität assoziierte Worte umfassen. Und mit Hilfe von Textanalyse-Software und Algorithmen lassen sich heute Probleme in der gender-gerechten Sprache sehr viel schneller entdecken und lösen.
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